Blick über die Dächer der Altstadtviertel Gjirokastras und auf die Berge des Mali i Gjerë

UNESCO-Welterbe in Albaniens Süden

Im Süden Albaniens liegen gleich zwei sehr sehenswerte UNESCO-Welterbestätten: Die antike Stadt Butrint und Gjirokastra mit seiner Altstadt im Baustil der "Balkanarchitektur". Der Reisejournalist Andreas Kühn stellt die beiden Städte vor.

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Saranda am Ionischen Meer

Saranda liegt am Ionischen Meer unweit der griechischen Insel Korfu. An einer kleinen, nach Süden offenen Bucht, die von rund 200 Meter hohen Hügeln umgeben ist, hat sich ein „Klein Benidorm“ breit gemacht. Leider wurden die touristischen Fehler von anderswo 1:1 wiederholt! In den letzten Jahren hat die touristische Entwicklung einen Bau-Boom ausgelöst; zahlreiche Hotels und auch Gebäude mit Ferienwohnungen wurden errichtet. Der Ort dehnt sich mehr und mehr in das früher unbebaute Umland, besonders in die Hanglagen, aus.

Dadurch hat Saranda leider schon viel von seinem früheren Reiz verloren. Gut auszuhalten ist es dort dennoch, wenngleich nicht zur Hochsaison. Auf dem Mali i Lëkurësit, der Teil eines Hügelzuges ist und südöstlich des Stadtzentrums liegt, wurde im Mittelalter eine Burg errichtet (Kalaja e Lëkurësit). Dort lässt es sich trefflich speisen und den Sonnenuntergang überm Meer genießen. Der Weg dorthin ist allerdings abenteuerlich!

Hotels in allen Preisklassen findet man in Saranda über die einschlägigen Buchungsportale.

Fotos: Andreas Kühn

Butrint: Antiker Kurort und Königsstadt

Die seit 1992 zum UNESCO-Welterbe gehörende Ruinenstadt Butrint liegt ganz im Süden Albaniens, weniger als 20 Kilometer entfernt von der nächstgrößeren Stadt Saranda. Das archäologische Kleinod erstreckt sich über eine Halbinsel, die im Norden und Osten vom Butrintsee und im Süden vom Vivar-Kanal (der in der Nähe ins Ionische Meer mündet) umschlossen wird. In Sichtweite liegt die griechische Insel Korfu.

Erste Funde wurden von Archäologen auf das 10. bis 8. Jahrhundert v. Chr. datiert. Überlieferungen zufolge war Butrint früher eine griechisch-illyrische Stadt mit Königssitz der Aiakiden. Zahlreiche Kulturen hinterließen ihre unübersehbaren Spuren, wurden aber auch von Butrint geprägt. Butrint wurde bereits von Berühmtheiten der Antike erwähnt (z.B. von Milet oder Vergil). Als Zentrum einer großen Region kam Butrint lange zu Macht und Reichtum.

Butrint zählt zu den wichtigsten und beliebtesten touristischen Zielen in Albanien und zu den berühmtesten Sehenswürdigkeiten des Balkans. Es existieren zwei Gründungsmythen. Ersterer führt die Entstehung der Stadt auf einen Gründer gleichen Namens zurück. Der zweite weist Helenos, einem Sohn des trojanischen Königs Priamos, die Gründer-Rolle zu: Er habe demnach auf der Flucht aus dem brennenden Troja nach der Landung bei Butrint einen Stier opfern wollen. Jedoch sei dieser geflohen, habe die Lagune durchquert und sei am gegenüberliegenden Ufer tot zusammengebrochen. So leite sich der Name der Stadt von βούς ab, dem griechischen Wort für Stier. Neben den griechischen Mythen gibt es von Butrint auch eine Legende aus der römischen Mythologie. So soll Butrint vom Helden Aeneas besucht worden sein, als es ihn nach seiner Flucht aus dem brennenden Troja in die Region Epirus verschlug, bevor er später nach Latium kam und zum Stammvater der Römer wurde. In Butrint trifft er auf Andromache und Helenos, die über Chaonia herrschen.

Bereits vor rund 2.500 Jahren war die Stadt für ihre mineralhaltigen Quellen bekannt. Butrint entwickelte sich zum »Kur- und Festspielort« der Antike. Kranke nahmen sehr weite Wege auf sich, um zu den Brunnen, Tempeln und Opferplätzen zu gelangen. Die ersten Christen machten später aus der römischen Badezeremonie ein Taufritual; über dem ehemaligen Badehaus errichteten sie ein Baptisterium.

Seit dem Jahr 2000 ist das gesamte Gebiet als Nationalpark Butrint geschützt. Maßgeblich mit britischer finanzieller Hilfe wurde seit den 1990er Jahren Butrint in den jetztigen Zustand versetzt (mehr dazu).

Fotos: Frieder Weinhold

Gjirokastra, „Stadt der Steine“

Gjirokastra liegt ebenfalls im Süden Albaniens im Tal des Flusses Drinos, das sich hier zur Dropull-Ebene weitet. Von Saranda braucht man anderthalb Autostunden auf einer reizvollen Strecke durch die Berge. Der ältere Teil der Stadt befindet an einem steilen Hang, was einige zum Beinamen „Stadt der tausend Treppen“ verleitete.

Gjirokastra zählt seit 2005 zum UNESCO-Welterbe. Sie ist eine der ältesten Städte des Landes und wichtiges kulturelles Zentrum Südalbaniens. Der Grenzübergang nach Griechenland in Kakavija ist nur 36 Kilometer entfernt. Gjriokastra ist Geburtsort des ehemaligen Diktators Enver Hoxha und des bekanntesten albanischen Schriftstellers Ismail Kadare. Der Burgfelsen, der das gesamte Tal dominiert, wurde vermutlich schon im 3. Jahrhundert v. Chr. besiedelt. Erstmals mit Mauern befestigt wurde die Anlage wohl im 6. Jahrhundert.

Den Beinamen „Stadt der Steine“ verdankt Gjirokastra seinem einzigartigen Stadtbild. Markante, kleinen Trutzburgen ähnelnde Häuser prägen seit Jahrhunderten die Viertel um die Burg, die heutige Altstadt. Bedeckt mit Steinplatten aus den nahen Gebirgen dienten die Dächer früher dazu, die Innentemperatur der Häuser zu regulieren. Dies war für das Leben in dieser klimatisch kontinental geprägten Landschaft sehr von Vorteil. So blieben im Sommer die Häuser recht kühl, während im Winter große Kälte verhindert werden konnte. Ein anderer Grund für das Benutzen von Steinmaterial für die Dächer war, dass andere Materialien wie Ziegel viel teurer waren und Stein in der Umgebung reichlich vorhanden war. Weiße Außenfassaden, hohe Holzfenster sowie viele kleine Innenhöfe mit riesigen hölzernen Hoftoren charakterisieren weiters das Altstadtbild.

Der frühere albanische Diktator Enver Hoxha wurde 1908 in Gjirokastra geboren. In seinem wieder aufgebauten Geburtshaus ist jetzt das Ethnographische Museum untergebracht.

Fotos: Andreas Kühn

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