Zum Vergleich: Zusammenleben in Tansania

Datum:  |  Autor: CHW

Bei unserer Seminarreihe im Herbst 2021 schauten wir nicht nur nach Albanien. Der Blick auf die Kopten (nächste Doppelseite) zeigt, welche Probleme die christliche Minderheit in einem anderen mehrheitlich islamischen Land hat. Davor hatte Marcus Wack am 28.08.2021 über Tansania berichtet, wo das Zusammenleben der Volksstämme und Religionen gut gelingt – sogar in einer ganz anderen Größenordnung als in Albanien.

Tansania ist mit 945.087 km² über 30 Mal so groß wie Albanien und hat mit 55,9 Millionen fast 20 Mal so viele Einwohner. Dazu ist es ethnisch vielfältiger: Neben 130 schwarzafrikanischen Stämmen (z.B. Sukuma, Nyamwezi, Swahili, Chagga, Massai) gibt es arabisch- und indisch­stämmige Minderheiten. Dazu kommen mittlerweile 800.000 Binnenflüchtlinge aus anderen afrikanischen Ländern. Historisch gibt es 125 verschiedene Sprachen, Kiswahili ist jedoch die landesweit verbindende Sprache. Etwa 60% der Tansanier sind Christen (alle Denominationen: Anglikaner, Lutheraner, Katholiken, Evangelikale, Pfingstler), 35% sind Moslems, dazu kommen Hindus und Anhänger von Naturreligionen. Christentum und Islam leben traditionell friedlich zusammen; in letzter Zeit nehmen jedoch Probleme mit radikalen Moslems zu.

Marcus Wack erlebt Tansania ein bisschen wie eine friedliche Insel: Die Nachbarn ­Ruanda, Burundi und Kongo sind Problemregionen; in Uganda und Kenia gibt es gelegentliche Unruhen; aus den armen Nachbarländern Malawi und Mosambik drängen islamistische ­Gruppen über die Grenze und terrorisieren die Einheimischen. In Tansania selbst gelingt das ­Zusammenleben recht gut. Und das bei explosivem Bevölkerungswachstum: 1960 hatte Tansania noch 10 Millionen Einwohner, heute fast 60 Millionen.

Tansanische Frauen bei der Feldarbeit (Foto: David Mark / pixabay)

Tansanische Frauen bei der Feldarbeit (Foto: David Mark / pixabay)

Tanganjika wurde 1961 politisch unabhängig (von Großbritannien; bis 1916 deutsche Kolonie) und vereinigte sich 1964 mit der Insel Sansibar zu Tansania. Erster Staatspräsident wurde ­Julius Nyerere. Seine Partei strebte den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft an, Banken wurden verstaatlicht, Bildungs- und Landreformen durchgeführt. Durch das politische System und Swahili als Amtssprache gelang es, die unterschiedlichen Ethnien zusammenzuführen, so dass die Menschen sich in erster Linie als Tansanier/innen empfinden, und erst danach als Angehörige eines Stammes bzw. einer Religion. Nyerere mit seinem spezifisch afrikanischen Sozialismus war übrigens ein prägendes Vorbild für Nelson Mandela und viele andere afrikanische Führer. Auch in ­Tansania scheiterte der Sozialismus, als die wirtschaftlichen Bedingungen sich in den 80er Jahren verschlechterten. Nyerere trat zurück, 1992 wurde das Einparteiensystem abgeschafft.

Heute zählt Tansania zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Laut Marcus Wack ­können jedoch die meisten Menschen vom ­eigenen Feldanbau oder als Händler leben, es gibt wenige Bettler und keine Slums wie in Nairobi oder Südafrika. Offene Armut gibt es am ehesten in den trockenen Gegenden der Massai, während die Kilimanjaro-Region an der Grenze zu Kenia relativ wohlhabend ist. Die Chagga sind gute Händler, die Massai meist Wächter oder Arbeiter. Marcus Wack beschreibt die Menschen als solidarisch: Man lacht gerne mit- und übereinander, auch über die „typischen“ Eigenheiten der verschiedenen Völker – ohne sich dabei zu entzweien.

weiter: die Arbeit von Rafiki in Tansania

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