In der Geschichte der Diakonia-Konferenzen war die diesjährige Konferenz nicht die größte, aber eine der inhaltlich vielfältigsten: Sechs Vorträge aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu den Themenbereichen Kreisgebietsreform, Sozialpolitik und soziale Arbeit gaben ein differenziertes Bild ab. Diese thematischen Inhalte wurden in Podiumsdiskussionen und öffentlichen Fragerunden, aber auch in den informellen Gesprächen vertieft, die auch die Beziehungen untereinander fördern. Dadurch wird die Zusammenarbeit über kulturelle und Staatsgrenzen hinweg gestärkt – auch das ist ein Ziel der jährlich stattfindenden Diakonia-Konferenzen. Und so war es eine wertvolle und großartige Veranstaltung, die viel zum Verständnis der Situation in beiden Ländern beitrug.
Vielfältiges Konferenzprogramm
Am Freitag standen die Kreisgebietsreformen in Albanien 2015 und Mecklenburg-Vorpommern 2011 im Mittelpunkt. Professor Agron Haxhimali von der Universität Tirana referierte mit großer Leidenschaft zur Reform in Albanien, an deren Ende noch 61 Kommunen übrig geblieben waren. Dabei sparte er nicht mit Kritik. Danach gab Frank Brosig, Jurist und ehemaliger Amtsleiter bei der Stadt Wismar, Hintergrundinformationen zur Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern: Aus 12 Landkreisen und 6 kreisfreien Städten entstanden 6 Kreise und nur noch 2 kreisfreie Städte. Auch Wismar verlor seine Kreisfreiheit und damit einen großen Teil seiner Gestaltungsmöglichkeiten. Die Klage der Hansestadt gegen die Reform blieb erfolglos. In Mecklenburg-Vorpommern entstanden die deutschlandweit größten Landkreise, was auch zu einem Verlust an Bürgernähe führte. Ein trockenes Thema, das aber durchaus auf Interesse fand, wie auch die anschließende Diskussion mit einer Reihe von sehr sachkundigen Fragen zeigte.
Fotos: Dietmar Schöer, Frieder Weinhold
Noch spannender wurde es am Samstag. Die Juristin Manjola Komolli, u.a. Präsidentin des Stadtrats von Pogradec, sprach über die Sozialpolitik der Stadt Pogradec. Dabei nahm sie die Infrastruktur auf den Dörfern besonders in den Blick. Pogradec ist bemüht, das Stadt-Land-Gefälle zu verkürzen. Die Entwicklung des ländlichen Raums z.B. durch Straßenbau und umweltpolitische Maßnahmen soll helfen, die Landflucht zu beenden. Sozialpolitische Initiativen wie die Errichtung von Gesundheitszentren im ländlichen Raum sollen die Lebensqualität auf dem Lande verbessern. Eine Sozialplanung für die Jahre 2024 bis 2028 wurde beschlossen. Hier hätten wir gerne noch viele Fragen gestellt, was die Zeit jedoch nicht zuließ.
Jonathan Pano, Mitglied des Stadtrats von Tirana, beschrieb eindrucksvoll die sozialen Probleme in seiner europäischen Großstadt. Er wünschte sich ein deutlich aktiveres Vorgehen zur Beseitigung der sozialen Verwerfungen. Mit starken Worten kritisierte Pano die durch Armut verursachte Unfreiheit, die den Betroffenen keine Wahlmöglichkeiten ließe. Außerdem berichteten Frieder Weinhold, Vorsitzender und Aurora Zeqo, Exekutivdirektorin der Diakonia Albania, sowie Britta Walter, freie Journalistin und Medienschaffende (u.a. für ARD und Arte) über die Arbeit der Diakonia mit Fokus auf dem ländlichen Raum.
Das Hotel Enkelana in Pogradec bot mit seinem großen Konferenzraum wieder einmal einen passenden Rahmen für diese Konferenz. Übrigens wurde die Konferenz komplett finanziert von Fördergeldern der Konrad-Adenauer-Stiftung und einem privaten Spender, so dass keine Spendengelder von der laufenden Arbeit abgezogen wurden.
Zeit in Bishnica
Am Samstagnachmittag fuhren wir nach Bishnica: In „unserem“ Bergdorf, in dem wir das Kinderzentrum betreiben, wurde die Konferenz weitergeführt. Bei der gemeinsamen Fahrt, dem reichhaltigen, original albanischen Abendessen (liebevoll zubereitet von unseren Mitarbeiterinnen) sowie einem gemütlichen Zusammensein konnte man sich weiter kennenlernen und die Zusammenarbeit vertiefen. Der Gottesdienst am Sonntag bildete den Abschluss der diesjährigen Konferenz; auch hier spielte das Leben im ländlichen Raum thematisch die zentrale Rolle. Beim anschließenden „Kirchenkaffee“ kam man mit den Dorfbewohnern über die harten Lebensbedingungen im Dorf ins Gespräch.
Fotos: Frank Brosig