„Urlaub in Albanien? Wer kommt denn auf so eine Idee?“ „Albanien, das ist doch…!“ Solche Vorurteile höre ich immer wieder. Aus diesem Grund nehme ich Freunde und Bekannte gerne mit, damit sie dieses fantastische Land für sich entdecken können.
Folgendes solltest du vor der Reise wissen: Albanien liegt nicht am Hindukusch, sondern mitten in Europa, nördlich von Griechenland. Viele Jahre haben die Menschen unter der Diktatur von Enver Hoxha gelitten; damals nannte sich Albanien „das erste atheistische Land der Welt“. Wenn es auch heute aufwärts geht, so zählt Albanien dennoch zu den armen Ländern in Europa; es ist aber reich an Herzlichkeit, an Landschaft, Historie und Kultur.
Von der Adria zum Ohrid-See
Von Ancona bringt uns die Fähre nach Igoumenitsa (Griechenland). Über einen kleinen Grenzübergang reisen wir nach Südalbanien ein und erreichen schon nach 70 km ein historisches Highlight: Die alte Festungsstadt Butrint, die schon Julius Cäsar im Jahr 48 v. Chr. besucht hat. Das schauen wir uns jetzt an.
Der Campingplatz in Ksamil ist eher klein und gleicht mehr dem Hof eines Privathauses, aber es ist eine gepflegte Campinganlage mit sauberen Sanitäranlagen und sehr netten Betreibern. Jetzt wunderst du dich sicher, dass du hier mit einem Eiskaffee herzlich empfangen wurdest?
Entlang der Küste fahren wir gen Norden und sind nach ein paar Kilometern in Saranda, einer Urlaubsstadt mit vielen Hotels, die sich kaum von den Zentren in Italien unterscheidet. Am Nachmittag bewundern wir das „Blue Eye“: eine Karstquelle mit tief blau schimmerndem Wasser. Wegen des schlechten Straßenzustands ist die Anfahrt für PKW allerdings nicht ganz einfach.
Unser nächstes Ziel soll der Ohrid-See sein. Auf dem Weg dorthin statten wir der Stadt Gjirokastra einen Besuch ab. Sie wurde im 14. Jahrhundert gegründet und gehört (ebenso wie die Stadt Berat) zum UNESCO-Welterbe. Auf einem Hügel gibt es einen kleinen Campingplatz mit hervorragender Küche und tollem Blick auf die beleuchtete Stadt.
Dann erreichen wir Pogradec, die Stadt am Südufer des Ohrid-Sees. Heute gönnen wir uns mal ein Hotel und ein leckeres Abendessen. Übrigens: In Albanien kostet ein gutes Hotel im DZ mit DU/WC und Frühstück weniger als eine Campingübernachtung am Gardasee. Hatte ich schon erwähnt, dass die albanische Küche hervorragend ist – und im Vergleich zu Deutschland überaus preiswert? Hier am Ohrid-See muss man die Belushka-Forelle probieren, eine Fischart, die nur hier vorkommt. Aber auch das gebratene Gemüse ist lecker, ebenso wie die verschiedenen Lammgerichte.
Nach dem Essen können wir einen Bummel über die Uferpromenade machen. Und wir sollten unbedingt noch einen Abstecher zu den Markthallen machen – ich liebe den Markt in Pogradec mit seinen Ständen und den verschiedenartigen Gerüchen. Zum Abschluss dieses schönen Tages trinken wir an der Hotelbar noch ein Korça-Bier.
Ich muss dich mal etwas fragen: Hast du dir das Frühstück so reichhaltig vorgestellt? Und gleich noch eine Frage: Ist dir gestern Abend in der Stadt aufgefallen, dass hier keine Frau mit einem Schleier vor dem Gesicht herumläuft? Und dass die jungen Albanerinnen alleine in einem Café sitzen? Hier muss man viele Vorurteile über Bord werfen.
Abstecher in die Berge
Die Namen Bishnica, Jolle und Losnik sagen dir wahrscheinlich nichts. Diese abgelegenen Orte in den Bergen kann man nur mit einem Allradfahrzeug erreichen, oder – mit sehr viel Risikobereitschaft – im PKW. Dorthin verirrt sich garantiert kein Tourist. Komm, wir fahren jetzt dorthin. Wenn nachher die Asphaltstraße aufhört, sind es noch 20 km bis Bishnica; rechne mal mit eineinhalb Stunden Fahrt. Du glaubst nicht, dass wir für 20 km so lange brauchen? Du wirst schon sehen. Wenn dein Navi sagt: „Bitte wenden – Sie haben das Ende der Welt erreicht“, dann fährst du noch etwas weiter. Dann kommt Bishnica.
Noch heute Morgen hättest du dir bestimmt nicht vorstellen können, dass es so abgelegene Ortschaften gibt, dass hier Menschen leben und vielleicht sogar glücklich sind? Ich verstehe, dass dich das alles erstmal schockiert. Setz dich, lass es sacken. Oder besser noch – wir gehen zum Haus von Goni, er hat sicher eine gute Flasche selbst gebrannten Raki für uns. Heute Abend werden wir mit den Einheimischen zusammen zu Abend essen und ein paar schöne und interessante Stunden erleben. Aber Vorsicht, wir sollten uns mit dem Raki zurückhalten – der geht gut ins Blut.
Hast du schon einmal nach nur einem Tag Aufenthalt eine so herzliche Verabschiedung erlebt?
Historische Stätten
So, und jetzt schauen wir uns noch Berat an. Geh in die Altstadt, durch die kleinen Gassen, und gönn dir einen Kaffee. Von Berat fahren wir weiter nach Süden, vorbei am heiligen Berg Tomori, bis nach Çorovoda. Hier werden wir den gigantischen Anblick des Canyons genießen und im Flussbett unser heutiges Camp aufschlagen.
Du kennst sicher die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukas-Evangelium: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass … Kaiser Augustus …“? Eben dieser spätere Kaiser Augustus hat hier in Apollonia seine militärische Grundausbildung erhalten. Albanien ist nicht nur landschaftlich, sondern auch historisch eine Perle!
Wenn wir dann über den Llogara-Pass fahren, können wir den tollen Ausblick auf die Adria genießen. Kurz darauf erreichen wir den Campingplatz in Himare. Ich habe schon mit Denisz telefoniert und angekündigt, dass wir kommen; er wird uns eine frisch gefangene Dorade zum Abendessen zubereiten. Morgen können wir noch einen Badetag einlegen, doch dann müssen wir uns leider schon wieder auf die Heimreise machen.
Auf Wiedersehen
Zu Hause wirst du wahrscheinlich einige Tage brauchen, um die ganzen Eindrücke zu verarbeiten. Wenn wir im Oktober 2019 wieder nach Albanien fahren, bist du herzlich willkommen; dann besuchen wir den Koman-See in Nordalbanien.