Die Not der 90er Jahre
Albanien machte damals eine sehr schwere Zeit durch. Im ganzen Land herrschte Hungersnot, alle waren schlecht ernährt und schlecht gekleidet – jedenfalls die meisten. Missionare und Helfer kamen von überall her, besonders aus Deutschland, und ernteten für ihren Einsatz großen Respekt und Bewunderung. Das trug dazu bei, dass es in Albanien bis heute eine große Liebe für fremde Sprachen und Länder gibt.
Mein Vater starb, als ich noch 16 war, daher musste ich mich um meine Familie kümmern. Ich konnte nicht zur Schule gehen und einen ordentlichen Abschluss machen; alles was ich hatte, war meine Liebe für Jesus, für Sprachen und Länder. Frieder fragte mich damals, ob ich als Dolmetscher mit ihm und seinem Team hinauf nach Bishnica gehen könnte. Dadurch habe ich angefangen, Deutsch zu lernen.
Was für eine Erfahrung! Für mich war es wie ein Urlaub: weit weg von den dunklen Farben der Hoffnungslosigkeit und nahe an das warme Licht der Liebe zu den Menschen. Das hat mich wirklich begeistert.
Am Ende des Einsatzes hatten wir noch ein Abendessen im ehemaligen Restaurant Borana. Dabei sprach Frieder über eine dauerhafte Hilfsstation in Bishnica und entwickelte verschiedene Ideen. Diese Überlegungen bewegten mein Herz – kein Wunder unter diesen Umständen, vor dem Hintergrund der ganzen Not, Arbeitslosigkeit usw. Also fragte ich Frieder, ob ich für den CHW in Albanien arbeiten könnte, und er sagte zu.
Arbeit in Bishnica
Die Hilfsstation in Bishnica gab es noch nicht, es gab aber bereits eine enge Zusammenarbeit mit der Nehemia-Organisation, deren Zentrum in Pogradec gerade gebaut wurde. Nach den Unruhen 1997 fing ich an, bei Nehemia auf dem Bau zu arbeiten. Jeden Mittwoch fuhren wir hoch in die Mokra-Berge und hielten Bibelstunden.
Im September 1997 zogen dann die ersten fünf ständigen Mitarbeiter nach Bishnica, ein deutsch-albanisches Team aus jungen Leuten: Michael und Claudia Hanisch, Jürgen Rohloff, Majlinda Prifti und ich. Auf einem schlammigen Stückchen Land errichteten wir aus Teilen eines ehemaligen Kühlhauses, das die Deutschen mitgebracht hatten, ein neues Gemeindehaus. Die Jugendlichen aus der Gegend nahmen jeden Sonntag an den Gottesdiensten teil sowie an Sprachkursen zweimal pro Woche. Diese Zeit hat mir sehr geholfen, meine Sprachkenntnisse zu verbessern. Jede Woche gingen wir zu Fuß nach Jolle, wo wir uns mit Leuten zum Bibelstudium trafen. Ab und zu kam Besuch aus Deutschland; Einsatzteams waren für ein bis zwei Wochen da, um zusammen mit unserem ständigen Team der Hilfsstation zu arbeiten. Meine größte Freude ist, dass in dieser Zeit Jugendliche aus weit abgelegten Bergdörfern Jesus kennengelernt und weltweit verbreitet haben. Das wäre nicht geschehen ohne die Liebe Jesu und die all dieser ganz besonderen Menschen aus Deutschland.
Große Dankbarkeit
Heute bin ich verheiratet und lebe mit meiner Frau und unseren beiden Töchtern in Pogradec. Seit einigen Jahren arbeite ich für die internationale christliche Hilfsorganisation Living Water / Adopt a Child. Dabei kommen mir auch heute noch meine Sprachkenntnisse und die Liebe zu den anderen Ländern zugute. Und auch Frieder fragt mich immer noch ab und zu, ob ich bei Einsätzen und Gottesdiensten für ihn übersetze, was ich sehr gerne tue.
Ich bin meinem Herrn Jesus sehr dankbar für all die Menschen, die ich über die Jahre kennengelernt habe und die Teil meines geistlichen Wachstums geworden sind.
Ich wünsche Ihnen allen Gottes reichlichen Segen!