Vorbereitung der Orchestertournee
„Albanien? Pogradec? Was wollen wir denn dort?“ So lautete die fast einhellige Frage unserer Musiker, als der Vereinsvorstand das Ziel für die nächste Konzertreise bekannt gab. Regelmäßig habe ich als Vereinsvorsitzende die Aktivitäten von Frieder Weinhold verfolgt und mich gefragt: Wie leben eigentlich die Menschen dort? Mit welchen Sorgen, Nöten aber auch Hoffnungen beschäftigen sie sich? Nachdem wir uns in einschlägigen sozialen Medien mit Albanien beschäftigt hatten, wuchs die Neugier auf Land und Leute.
Diese Konzertreise sollte aber auch musikalisch etwas ganz Besonderes werden. So haben wir extra ein neues Ensemble gegründet, bestehend aus MusikerInnen des Vereins „Ostseeklänge“ und SängerInnen aus dem Kammerchor „Perlmutt“. Viele Stunden des Probens standen uns bevor – persönlich, in den einzelnen Abteilungen und gemeinsam als neues Ensemble. Nur gut, dass wir vorab den Aufwand deutlich unterschätzt hatten… Das musikalische Ergebnis konnte sich jedoch sehen lassen. Bei ersten Auftritten in der Heiligen-Geist-Kirche und im Theater Wismar präsentierten wir voller Stolz unser neues Programm.
Also dann: Auf nach Pogradec. Die Instrumente und die umfangreiche Technik reisten mit dem Fahrer des CHW und zwei weiteren Musikern auf dem Landweg an, alle anderen 63 (!) Teilnehmer entschieden sich für den Flieger. In Tirana angekommen, wurden wir von unserem Reiseleiter herzlich begrüßt – sein Begrüßungsschild lächelt uns heute in unserem Probenraum an.
Auftritte in Tirana, Pogradec und Bishnica
Unser erstes Konzert durften wir im Beisein des deutschen Botschafters in einem belebten Park der albanischen Hauptstadt Tirana spielen – wow, welch eine Atmosphäre! Ein albanisches Blasorchester begrüßte uns mit schwungvoller Musik.
Am nächsten Tag ging es dann weiter nach Pogradec. Auf der Fahrt konnten wir die ersten atemberaubenden Eindrücke der Landschaft genießen. Abends entschlossen wir uns spontan, unser Blasorchester auf der Promenade vor dem Hotel spielen zu lassen. Die Besucher hatten gemeinsam mit uns viel Spaß – das ist pure Lebensfreude. Musik ist eine Sprache, die jeder versteht und die abseits von Sprachbarrieren Herz und Ohr öffnen kann. Persönlich hat mich eine ältere, im Rollstuhl sitzende Dame berührt, die mit Tränen in den Augen mitgeschunkelt hat. Welche Gedanken mögen ihr wohl durch den Kopf gegangen sein?
Höhepunkt unserer Reise war aber der darauf folgende Tag: Der Besuch in Bishnica, dem Bergdorf, in dem der CHW seit Jahrzehnten Hilfe leistet. Morgens stiegen wir mit den Instrumenten und der Technik in einen Reisebus und zwei Kleinbusse und machten uns auf die wohl abenteuerlichste Reise unseres Lebens. Los ging es auf gut ausgebauten Straßen; das dauerte allerdings nicht lange, bald fanden wir uns auf Schotterpisten und Serpentinen wieder. Nach fast drei Stunden Fahrtzeit, etlichen aufregenden Momenten und sensationellen Landschaftsausblicken wurden wir in Bishnica empfangen. Das ganze Dorf war auf den Beinen und hat uns anfänglich neugierig beobachtet.
Völkerverständigung mit Musik im Gepäck
Nach einem gemeinsamen Gottesdienst, den wir musikalisch umrahmen durften, hat uns die Dorfgemeinschaft zu einem traditionellen Essen eingeladen. Hmmmm, lecker……. Hammel am Spieß, selbst gebackenes Brot, verschiedene Salate, Süßspeisen und Getränke durften wir gemeinsam mit den Bewohnern genießen. So gut es ging haben wir uns verständigt, die Kinder tanzten gemeinsam und spielten mit dem Ball. Wir durften uns auch die Schule und das Internat ansehen. Welch eine Leistung, diese humanitäre Hilfestellung über viele Jahre zu organisieren und mit Leben zu erfüllen! Während eines kleinen Spaziergangs durch das Dorf stellte sich mir die Frage, ob es in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts wohl so ähnlich ausgesehen hat? Auch die Rückfahrt war interessant, sind wir doch durch mehrere Dörfer gefahren und haben die Bauern mit ihren Eseln und Schafen beobachtet. Sogar ein Schakal hat unseren Weg gekreuzt.
In Pogradec durften wir erneut unser Musical-Programm präsentieren. Mit dabei waren Vertreter der Stadt, der örtlichen Presse und des Fernsehens. Neben den insgesamt fünf Konzerten blieb aber auch noch Zeit, im Ohridsee zu schwimmen, die Gegend zu erkunden und die albanische Gastfreundschaft zu genießen. Ohne die Expertise und das (für uns) Rundumsorglos-Paket des CHW hätten wir diese Reise ganz sicher nicht durchführen können…
Unser Fazit in aller Kürze: Die Mühe hat sich mehr als gelohnt. Wir werden mit unserem neuen Ensemble weiter musizieren. Mit dem CHW werden wir weiter in Kontakt bleiben, es wird auch einen Gegenbesuch der Kulturbeauftragten der Stadt Pogradec geben. Und Albanien als Reiseziel haben wir nun alle auf unserer Agenda.




















Fotos: Renate Menzel, Frieder Weinhold, Valter Kryemadhi