Einweihung Schule Proptisht

So engagiert sich Deutschland in Albanien

Nicht nur Hilfsorganisationen sind in Albanien aktiv, auch der deutsche Staat leistet Entwicklungshilfe – seit über 25 Jahren. Der deutsche Botschafter Hellmut Hoffmann gibt einen Überblick über die Erfolge der Zusammenarbeit, die in vielen Bereichen sichtbar sind.

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Allein in den vergangenen beiden Jahren hat die Bundesrepublik Deutschland rund 35 Millionen Euro für die Entwicklungszusammenarbeit mit Albanien bereit gestellt. Die Kooperation hat eine lange Tradition: Bereits im Oktober 1988 wurde ein erster Rahmenvertrag zwischen beiden Ländern abgeschlossen. Seither sind insgesamt rund eine Milliarde Euro geflossen.

Deutschland ist damit einer der wichtigsten Unterstützer des Balkan­landes. Die anfängliche Nothilfe – etwa in der Landwirtschaft oder im Ver­kehrs­sektor – ist inzwischen überwie­gend durch strukturierte Programme ersetzt worden, die das Ziel haben, Albanien für den angestrebten Beitritt in die Europäische Union fit zu machen.

Von der Stromleitung bis zur Bergführer-Ausbildung

Schwerpunkte der Unterstützung, bei der sich neben der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Gesell­schaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) auch deutsche politische Stiftungen engagieren, sind Projekte der Energie- und Trinkwasser­ver­sorgung, der Abfall- und Abwasserent­sorgung sowie zur nachhaltigen und sozialen Wirtschaftsent­wicklung. So entstand mit deutscher Hilfe eine Hochspannungsleitung zwischen Albanien und Montenegro, um Schwankungen in der Elektrizitäts­versorgung besser auszugleichen. Albanien produziert 90 % seines Stroms in Wasserkraftwerken; bei Trockenheit muss oft Strom importiert werden, während die Turbinen nach ergiebigen Regenfälle Überschüsse produzieren, die auf dem internationalen Markt abgesetzt werden können.

Stabile Elektrizitätsversorgung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Ent­wicklung einer modernen Wirtschaft, die den Bürgern attraktive Arbeitsplätze und damit eine Perspektive in ihrer Heimat bietet. Beim Aufbau leistungsfähiger Firmen helfen drei- bis sechsmonatige Betriebspraktika in deutschen Unternehmen. Mehrere Tausend Stipendiaten haben auf diesem Weg praxisorientierte Einblicke in marktwirtschaftliche Abläufe, Arbeitsweisen und Management­techniken erhalten. Der Senior Experten Service (SES) vermittelt umgekehrt Fachleute, die unentgeltlich bei Vorhaben in Albanien helfen. Der Aufbau von albanischen Berufs­bildungszentren und ergänzenden Bildungsangeboten sind ebenso wichtig wie Initiativen zur Vernetzung, etwa auf internationalen Messen.

Albanien international handlungsfähiger machen

Deutsche Experten haben zudem die Entwicklung zeitgemäßer rechtlicher Standards gefördert, etwa ein neues Handelsgesetzbuch sowie die Einführung EU-konformer Qualitäts­standards. Davon profitieren nicht nur die albanischen Unternehmer und Verbraucher, es verbessert auch die Wettbewerbsfähigkeit albanischer Exportgüter und die Position beim Werben um ausländische Investitions­gelder. Da letztere noch rar sind, kommt der mit deutscher Unter­stützung gegründeten ProCredit Bank große Bedeutung zu: Sie gibt kleinen Gewerbetrieben, von denen die albanische Wirtschaft geprägt ist, Investitionsdarlehen und begünstigt damit das Entstehen dringend benö­tigter Jobs. Die meisten Kredite haben Größenordnungen unter 10.000 €; die Rückzahlungsquote liegt bei 98%.

Stück für Stück wurde die vernach­lässigte Infrastruktur für Wasserver- und Abwasser­ent­sorgung in 14 mittelgroßen Städten und 50 Dörfern modernisiert. In Korça entstand für 45 Mio. € ein kommunales Wasserwerk, das ­seine Betriebskosten aus den Wasser­gebühren deckt und darüber hinaus systematisch Rücklagen für Instandhaltung und weitere Investitionen bildet. Im benachbarten Pogradec nahm 2009 eine neue Kläranlage den Betrieb auf; sie verhindert die Verschmutzung des Ohridsees mit seiner einzigartigen Fischwelt, der ein wichtiges Ziel für den sich entwickelnden Tourismus ist. Bei der Entwicklung des Fremdenverkehrs schließlich halfen Deutsche beim Markieren von Wanderwegen, bildeten Bergführer aus und schufen so Grundlagen dafür, dass Albanien für Gäste aus aller Welt attraktiver wird.

Akteure wie Friedrich-Ebert-, Konrad-Adenauer- und Hanns-Seidel-Stiftung, die mit eigenen Büros in Tirana vertreten sind, setzen sich für die Verankerung demokratischer Struk­turen in der albanischen Gesellschaft ein. Sie sind Ansprechpartner für Parteien und viele andere Organisationen, um gemeinsam Antworten auf die vielfältigen Problemlagen des gesellschaftlichen Wandels zu finden. Ein besonderes Anliegen dabei ist die Verbesserung der Lage der Frauen.

Beitragsbild: Die Sanierung der Schule in Proptisht erfolgte mit Fördergeldern der Deutschen Botschaft

Hellmut Hoffmann

Der Autor Hellmut Hoffmann war von 2013 bis 2016 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Albanien

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