Gentiana Rapce bei ihrem Dienst (Foto: Michael Prochnow)

Keine Träumerei, sondern gute Taten

Mit dem Pflegeprojekt in Bishnica möchte der CHW etwas anstoßen: Neben der eigentlichen Pflege auch eine veränderte Sicht auf die Betroffenen – und die Pflegerinnen

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Italien und Griechenland heißen die Träume der jungen Männer aus den albanischen Bergen bei Bishnica. Viele machen diesen Traum wahr, viel zu viele. Sie gehen in die Länder, in denen man sie nicht gern sieht. Aber in denen es Arbeit gibt, schlecht bezahlte zwar, aber immerhin ist es genug Geld, um zu leben und um die Familien zuhause zu unterstützen.

Zumindest haben das die jungen Männer im Kopf, wenn sie die Heimat in den albanischen Bergen verlassen. Die Praxis sind Familien, die allein zurückbleiben und denen die starken und jungen Hände fehlen. Familien, die auseinanderbrechen und denen vor allem eines fehlt: der soziale Zusammenhalt. Es gilt in Albanien die Regel, dass der älteste Sohn die Eltern zu sich nimmt, wenn sie nicht mehr allein für sich sorgen können. Doch was, wenn die Söhne nicht mehr da sind?

Pflegeprojekt Bishnica

Der Christliche Hilfsverein Wismar (CHW) ist zu klein, um sich um alle Bedürftigen zu kümmern. Aber immerhin groß genug, um etwas anzuschieben, das mehr ist, als nur ein bloßer Versuch. Das Pflegeprojekt, das seit einigen Jahren in Bishnica aufgebaut wurde, soll Hilfe und Anleitung zugleich sein.

Am Anfang waren die Menschen in dem kleinen Dorf verwundert über die Deutschen, die ein Haus mieteten und dort zwei alte Männer pflegen lassen, die niemand mehr haben wollte. Sollen sie ihr Geld ruhig dafür ausgeben, sie werden schon sehen, hieß es im Dorf. Nächstenliebe gilt wenig in einer Zeit, in der der Einzelne kaum genug Geld zum Überleben hat. Und genau aus diesem Grund ist das Pflegeprojekt, eines von vielen der Albanienhilfe, so immens wichtig. Der zweite Punkt ist der soziale Dienst für die Behinderten in der Region. Nach der 25-jährigen Gena, die bereits ihre Ausbildung zur Pflegerin absolviert hat und die sich um die Betroffenen in der Bergregion kümmert, ist bereits eine zweite junge Frau auf dem Sprung, auf diese Weise einen festen Arbeitsplatz zu finden.

Respekt und Anerkennung erkämpfen

Jahrelang wurden behinderte Kinder in den Häusern ohne Betreuung teilweise eingesperrt. In einem Land, in dem jede Arbeitskraft in der Familie zählt, sind diese Jungen und Mädchen eine Last. Fehlende Zeit und mangelnde Bildung haben dazu geführt, dass niemand diese Kinder richtig betreut.

Gena hat sich den Respekt der Männer in Bishnica mühsam erkämpft, indem sie wenigstens einige dieser Kinder regelmäßig besucht. Ihre pflegerische Ausbildung hilft ihr, die Situation der Jungen und Mädchen etwas erträglicher zu gestalten. Viel wichtiger jedoch ist der Umstand, dass es sie überhaupt gibt. Dass sie die Eltern überzeugt hat, sie in die Familien zu lassen. Der CHW hat Gena die Türen geöffnet, hindurchgegangen ist sie allein. Und hat damit den Mädchen in den Dörfern auch ein Beispiel gegeben, dass junge Frauen nicht nur Mütter und Haushälterinnen sind. Ein unverheiratetes Mädchen mit 25 Jahren gilt in Albanien bereits als Schande. Und dennoch hat Gena sich durchgesetzt, sich Respekt verschafft. Auch wenn es nicht immer leicht ist, wie sie zugibt.

Michael Prochnow; aus: Albanienheft 2008

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